Durch betriebsübergreifende Zusammenarbeit in der Region ermöglicht das Projekt 'WIR. Bodensee Weiderind' mehr Tierwohl in der Milchviehhaltung. Milchbauern, Weidemastbetriebe, Akteure aus Schlachtung, Verarbeitung und Handel arbeiten dafür Hand im Hand. Hier im Bild: Markus Pfister (Hof Höllwangen), Sascha Damaschun (BODAN), Reinhard Fuchs (Hofgut Brachenreuthe), Dieter Mülhaupt (Frischland Manufaktur), Thomas Schumacher (Haettelihof) und Georg Biewer (Hofgut Brachenreuthe)
Foto: WIR. Bio Power Bodensee | Petra Lohmer
Hof Berenberg co-finanzieren
Bio-Entwicklungsraum schaffen
Auf dem Hof Berenberg bei Mühlingen, nördlich von Stockach, entsteht ein neuer Demeter-Betrieb, den Bioläden und Bürger:innen jetzt mit ermöglichen können – durch das Zeichnen von Genossenschaftsanteilen für den Landkauf. So schaffen wir gemeinsam Raum für die künftige Entwicklung des Bodensee-Weiderind-Projekts im Netzwerk 'WIR. Bio Power Bodensee'.
Mit dem erfolgreichen Vermarktungsstart der Fleischprodukte vom 'WIR. Bodensee-Weiderind' haben wir gemeinsam mit unseren Partner:innen schon einiges erreicht – für mehr Tierwohl in der Milchvieh- und Rinderhaltung mit kurzen Wegen in der Region. Ställe wurden auf die kuhgebundene Kälberaufzucht ausgerichtet, betriebsübergreifende Kooperations-Strukturen aufgebaut, Weideflächen gefunden, Fleischrassen in Milchherden eingekreuzt, Prozesse rund um Kälberaufzucht, Fleischverarbeitung und Handel koordiniert. Möglich wurde dies, weil Demeter-Höfe, Verarbeiter, Großhandel und Bioläden mit ihren Kund:innen partnerschaftlich Hand in Hand arbeiten.
Entwicklungsraum für Bodensee-Weiderind-Projekt
Nun geht es darum, das Vermarktungslevel zu verstetigen und auszubauen, damit die Kälber der Milchhöfe dauerhaft im regionalen Kreislauf gehalten werden und die weiterer Milchviehbetriebe aufgenommen werden können.
In der aktuellen Pilotphase bringen sich zunächst zwei Milchbetriebe (Hof Höllwangen und Lorenzhof) und drei Weidemast-Betriebe (Lorenzhof, Hofgut Brachenreuthe und Haettelihof) in das Projekt ein. "Unsere Vision ist eine ausgewogene Milch- und Fleischerzeugung, bei der die Kälber aller WIR. Milchbetriebe direkt in der Region aufwachsen und über das Bodensee-Weiderind-Projekt vermarktet werden können", erklärt Markus Pfister vom Hof Höllwangen.
Mit dem Kauf von landwirtschaftlichen Flächen für den Aufbau eines neuen Bio-Betriebes in der Bodensee-Region hat die Kulturland Genossenschaft dafür nun neue Entwicklungsspielräume geschaffen.
Denis und Kristin-Marlen Hahn, die mit ihrer fünfköpfigen Familie sieben Jahre auf dem Hottenlocher Hof bei Mühlingen gelebt und gearbeitet haben, waren aufgrund des dort auslaufenden Pachtvertrags auf der Suche nach einer neuen Wirkungsstätte. "Pures Glück war, dass wir nur zwei Kilometer entfernt mit dem Hof Berenberg eine geeignete Hofstelle gefunden haben", freut sich Demeter-Bäuerin Kristin-Marlen Hahn.
Der Hof wurde bisher als Zweitbetrieb für die Haltung der Milchviehherde eines konventionellen Betriebs genutzt, wobei die Wohngebäude in den letzten 20 Jahren unbewohnt blieben.
Hof-Neugründung und Bio-Umstellung nur durch Co-Finanzierung möglich
Den Hof Berenberg neu zu beleben und auf biologische Bewirtschaftung umzustellen, ist Familie Hahn aber nur möglich, weil die Kulturland Genossenschaft (e.G.) die rund 10 Hektar Wiesen, Äcker und Gebäudegrundstücke gekauft hat und sie der Familie Hahn für eine bezahlbare Pacht zur landwirtschaftlichen Nutzung bereitstellt.
Denis Hahn, bis 2022 Demeter-Landwirt auf dem Hottenlocher Hof, will mit seiner Familie den Hof Berenberg neu beleben und auf bio-dynamische Wirtschaftsweise umstellen.
Foto: Kulturland e.G.
Ackerland für viele Bäuer:innen zu teuer
"Landwirtschaftliche Flächen sind inzwischen einfach viel zu teuer", sagt Kulturland-Vorstand Stephan Illi. "Wer Land nicht erbt oder schon vermögend ist, kann die fälligen Preise kaum erwirtschaften. Vor allem nicht mit einem bäuerlichen Gemischtbetrieb, der auf demeter-typische Hofkreisläufe Wert legt und der sich für Vielfalt, Naturschutz und Bodenfruchtbarkeit auf seinen Äckern einsetzt", so Illi.
Warum das so ist, erklärt der Kulturland-Vorstand so: Seit der letzten Weltfinanzkrise 2008 fließt immer mehr Spekulationsgeld von außerlandwirtschaftlichen Investoren in Äcker, Grünland und Wald, denn sie gelten als sichere Geldanlagen. In der Folge haben sich die landwirtschaftlichen Bodenpreise in Deutschland allein in den letzten 10 Jahren mehr als verdoppelt.
Statistiken zur Preisentwicklung bei Ackerland
Stephan Illi, Vorstand Kulturland e.G.
Landkauf für 'Hof Berenberg'
Die Mission von Kulturland
Um Bio-Landwirt:innen trotz der steigenden Preise auch künftig die Gründung, Übernahme oder Entwicklung von Höfen zu ermöglichen, wurde 2012 die Kulturland-Genossenschaft gegründet. Über 30 Landkauf-Projekte wurden seither über Genossenschaftsanteile finanziert – Land, das dadurch dauerhaft für den Bio-Anbau gesichert wurde.
Um die Gründung des neuen Bio-Hofs Berenberg zu ermöglichen, hat Kulturland den Flächenkauf vorfinanziert. Nun gilt es genügend neue Genoss:innen zu gewinnen, um den gezahlten Grundstückswert abzudecken.
Die Refinanzierung funktioniert dabei im Prinzip wie bei einer Crowd-Funding-Kampagne auf 'start-next' oder 'steady'. "Eine Kampagne läuft etwa 6 Monate bis 2 Jahre, bis die veranschlagten Mittel durch neu gezeichnete Genossenschaftsanteile abgedeckt sind", so die Erfahrung von Stephan Illi.
Anschub-initiative von BODAN
Um einen positiven Impuls für den Projektstart zu setzen, hat BODAN im Januar 2023 Genossenschaftsanteile gezeichnet und sich außerdem an der Zwischenfinanzierung beteiligt.
"Für uns ist das ein wichtiger Beitrag, um sinnvolle Entwicklung von Bio-Landwirtschaft in der Region zu ermöglichen", sagt BODAN-Geschäftsführer Sascha Damaschun, "unter anderem mit Blick auf unser Projekt 'WIR. Bodensee-Weiderind'". Der Stall auf dem Hof Berenberg ist nämlich ideal, um in den Wintermonaten – wenn es draußen zu kalt und die Wiesen zu nass sind – Kälber und Jungtiere aus dem Bodensee-Weiderind-Projekt im Herdenverbund aufzunehmen.